mann steckt zettel an eine pinnwand

150 Jahre Individualpsychologie – ein guter Grund, Alfred Adlers Erkenntnisse zu feiern

Es gibt Geburtstage der besonderen Art. Der des Begründers der Individualpsychologie ist ganz sicher einer davon. Alfred Adler hat mit seinen Erkenntnissen die Psychologie auf neue Füsse gestellt. Und so liegt es nahe, dass der „SKAP“ (Schweizer Kongress für Adlerianische Psychologie) im kommenden Jahr Adlers Ehrentag gebührend feiert. Ich selbst möchte mit diesem Artikel auf die Hauptpunkte des Adlerianischen Denkens aufmerksam machen.

Die Geburtsstunde der Psychologie

Alfred Adler war zwischen 1902 und 1911 Mitglied der Mittwochsgesellschaft, zu der auch Sigmund Freud gehörte. Adler war – neben Freud – einer von denen, die von der ersten Stunde an dabei waren. Es war der 2. November 1901, als Freud handschriftlich an Adler schrieb:

„Ein kleiner Kreis von Collegen und Anhängern will mir das grosse Vergnügen bereiten, sich einmal in der Woche am Abend bei mir einzufinden, um die uns interessierenden Themata der Psychologie und Neuropathologie zu besprechen.

Ich weiss von Reitler, Kahane, Stekel. Wollen Sie die Güte haben, sich uns anzuschliessen.”

Quelle: http://www.psyalpha.net/files/pdfs/ipv_ausbildung_-_standards.pdf Zugegriffen: 2. Sept: 2019

Als die Treffen des Diskussionszirkels begannen, war Freud bereits 46 Jahre alt, Adler war 14 Jahre jünger. Die Gruppe selbst zeichnete sich durch eine ausgeprägte Diskussionskultur aus, die durch Pioniergeist und Kreativität ergänzt wurde. Adler – der damals praktizierender Arzt war – nahm mit grosser Leidenschaft an den Treffen teil, die neben zahlreichen klugen Gedanken durch den Rauch unzähliger Zigarren geprägt waren. In dessen Nebel wurde diskutiert, wurden Vorträge gehalten, wurden Fragestellungen von unterschiedlichen Perspektiven aus betrachtet.

Schon zu Beginn, als der Kreis aus nur fünf Männern bestand, stellte sich schnell heraus, dass Alfred Adler der Kreativste und Produktivste der Runde war. Neben Freud prägte Adler die Gespräche und Diskussionen, und die Veröffentlichungen der beiden trugen in Wechselwirkung dazu bei, die jeweils andere Sichtweise und Position zu stärken und weiter anzuregen.

Alfred Adler – ein Arzt, der seiner Zeit voraus war

Schon bevor Adler mit seinen Aktivitäten in der Gruppe von Freud begann, hatte er auf dem Gebiet der Sozialmedizin eigene Ideen entwickelt und publiziert. Im Jahr 1898 veröffentlichte Adler ein Buch mit dem Titel „Gesundheitsbuch für das Schneidergewerbe“. Was heute als allgemein anerkannt gilt, war damals ein völlig neuer Ansatz, nämlich der Zusammenhang von wirtschaftlicher Situation und Krankheit. Adler beschrieb diesen Zusammenhang im Vorwort seines Buches und wies auf die Gefahr hin, dass auch der öffentlichen Gesundheit Schäden zugefügt werden können, wenn die Thematik unterschätzt wird.

Adler erwies sich als fleissiger Denker und Schreiber, er veröffentlichte regelmässig weitere Artikel, etwa 1904 den Text „Der Arzt als Erzieher“. Nach der Lektüre dieses Artikels wird klar, dass Adler schon damals eine vollständige Theorie zur Erziehung hatte, zudem erwähnte er die Rolle der Organminderwertigkeit.

Und so war es nur folgerichtig, dass Adler im Jahr 1907 die „Studie über die Minderwertigkeit von Organen“ herausbrachte, die wohl zu den wichtigsten seiner Zeit in der Mittwochsgesellschaft gehörte. In dieser Publikation wurden bereits Unterschiede zu Freuds Ansätzen deutlich, auch wenn Adler am ersten Tag des Internationalen Psychoanalytiker-Treffens 1908 in Salzburg noch über die Neurosenlehre dozierte.

Im Jahr 1910 wurde Alfred Adler der Schriftführer der Mittwochsgesellschaft, ausserdem übernahm er die Funktion des Herausgebers der internationalen Zeitschrift. Dann folgten zwei Vorträge, der erste am 4. Januar 1911 mit dem Titel „Probleme der Psychoanalyse“, der zweite am 1. Februar 1911, der den „Männlichen Protest“ behandelte. Nach zwei weiteren Sitzungen war Adlers Zeit in der Mittwochsgesellschaft Ende Februar 1911 vorbei.

Mit dem Ausschluss aus der Mittwochsgesellschaft gibt Adler auch seine Position als Präsident auf. Hintergrund der Entwicklungen war Freuds Haltung, dass in der Mittwochsgesellschaft nur Mitglieder akzeptiert waren, die seine Lehre vorbehaltlos akzeptierten. Neben Adler gab es sechs weitere Mitglieder der Gruppe, die sich gemeinsam mit Adler auf den Weg machten, eine neue Gruppe zu gründen.

Nach Adlers Trennung von der Mittwochsgesellschaft entwickelte er die Individualpsychologie, die sich rasch in Europa und den USA verbreitete. Adler hatte eine psychologische Schule erarbeitet, die den Vorteil hatte, Praxis und Theorie lehrbar und erlernbar zu machen. Für den österreichisch-US-amerikanischen Psychiater und Neurologen Joseph Wilder (1895 bis 1976) war klar, dass Alfred Adler das Denken der Psychologie massgeblich beeinflusste. Wilder formulierte den Satz, nach dem die „richtige Frage nicht lautet, ob man, sondern wie sehr man ein Adlerianer ist.“

Im zeitgenössischen Denken sind Adlers Einsichten und Erkenntnisse immer wieder zu finden.

Alfred Adler Coachingplus

Verständlich und alltagstauglich – Adlers Psychologie ist lebensnah

Adlers Ansatz war kein elitärer oder abgehobener. Im Gegenteil, die Individualpsychologie kann sowohl von Fachpersonen als auch von Laien verstanden und angewendet werden. Für Adler ist der Mensch ein dynamisches Wesen mit einer entsprechend dynamischen Struktur, die sich ihrerseits in der Auseinandersetzung mit der Umwelt entwickelt. Dabei spielen die sozialen Beziehungen in Adlers Betrachtungsweise eine grundlegende Rolle. Gerade dieser Punkt ist so bedeutend, ist eine angewandte Psychologie doch so wichtig, wenn man sich und seine Mitmenschen verstehen will.

Folgende drei Grundsätze machen in Adlers Ansatz einen wesentlichen Anteil aus:

  1. Der Grundsatz der Einheit: Der wohl entscheidende Grundsatz Alfred Adlers war die Betrachtungsweise des Menschen als ein Individuum, das ganzheitlich zu verstehen ist. Er sprach von der Lehre des „unteilbaren Menschen“. Auf diese Lehre bezieht sich auch die Individualpsychologie, die den Menschen als unteilbares Ganzes sieht. Dabei spielt der Holismus (also die Lehre, die sämtliche Erscheinungen des Lebens einem ganzheitlichen Prinzip ableitet) eine wichtige Rolle beim Grundverständnis der Individualpsychologie. Während Freud davon ausging, dass der Mensch eine aufgespaltene Persönlichkeit ist, deren Teile sich gegenseitig bekämpfen, vertritt Adler ein anderes Menschenbild. Für ihn gibt es den Menschen nur als unteilbares Ganzes.
  2. Der Grundsatz der Dynamik: Ein Leben ohne Bewegung ist undenkbar. Die Betrachtung und Bewertung dieser Bewegung unterscheiden sich allerdings bei Freud und Adler. Während Freud die Ursache favorisiert und von einem «psychischen Apparat» spricht, rückt Adler die schöpferische Kreativität und die Zielgerichtetheit in den Fokus, wenn er sagt: „Kein Mensch kann denken, fühlen, wollen, sogar träumen, ohne dass all dies bestimmt, bedingt, eingeschränkt, gerichtet wäre durch ein ihm vorschwebendes Ziel“ (2 Jürg Rüedi (Hrsg.) Alfred Adler Menschenkenntnis, Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1. Aufl., Göttingen 2007), S. 37). . Hinsichtlich der persönlichen Freiheit zeigt sich ein Abstand, der einem Quantensprung gleicht. Dabei hebt sich Adler unter anderem durch die Selbstschöpfung des Ich hervor. Für ihn ist der Mensch per se ein Schöpfer, ein „Künstler“ und „Kunstwerk in einem. Begriffe wie „Leitbild“, „Lebensplan“, „Leitpunkt“, „Leitziel“ und „Leitidee“ unterstreichen diesen Gedanken. In diesem Zusammenhang nur konsequent ist die Entwicklung des Konzeptes des Lebensziels, „dass wir in der Individualität eines Menschen seine Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft und sein Ziel wie in einem Brennpunkt sehen“ (Alfred Adler, Praxis und Theorie der Individualpsychologie, 4. Aufl., München 1930, S. 40). Im Vordergrund stehen etwa Fragen wie diese: Wie wurde ich, wer ich bin? Ziel des individualpsychologischen Coachings, der Beratung und/oder der Therapie ist es, ein Verständnis für den eigenen Lebensstil zu entwickeln. Diese Zielgerichtetheit (Teleologie) versteht Adler als eine „Schöpfung des Individuums“. Am Ende steht also die Erkenntnis, dass jeder seine Meinung von sich und seinen Aufgaben des Lebens in sich trägt, dass es eine Lebenslinie gibt, ein Bewegungsgesetz, das ihn festhält, ohne dass er dies versteht und ohne dass darüber Rechenschaft abgelegt wird. Das Bewegungsgesetz entspringt und entwickelt sich aus dem engen Raum der Kindheit.
  3. Der Grundsatz des Gemeinschaftsgefühls: Kein Individuum kann isoliert überleben. Nach Adler umfasst der Gemeinschaftsbegriff sowohl eine familiäre als auch eine Struktur sozialer Bindungen. Adler betont, dass dieses Gemeinschaftsgefühl steigerungsfähig ist, wenn die Emotion der Zugehörigkeit stärker wird. Doch Zugehörigkeit ist nach Adler weit mehr als nur ein Gefühl, es ist eher die Lebensform, die Einstellung, die gesamte Identifikation mit der Gemeinschaft. Das einmal erworbene Gemeinschaftsgefühl ist jedoch nicht „in Stein gemeisselt“, es hat keine gleichbleibende Qualität. Im Gegenteil, es kann abnehmen oder zunehmen, je nachdem, wie sich die Lebensbedingungen darstellen. Das Gemeinschaftsgefühl verlangt also nach Wechselseitigkeit, nach dem Geben und Nehmen. Durch die Zugehörigkeit wird diese Wechselseitigkeit erleichtert, das Individuum möchte etwas beitragen, und die Zusammenarbeit, das Vertrauen und die Achtung des Einzelnen fördern sowohl die soziale Gleichwertigkeit als auch den stetigen Prozess der Zugehörigkeit.

Der Therapeut Alfred Adler

Im Gegensatz zu anderen psychologischen Richtungen begreift sich die Individualpsychologie nicht vornehmlich als systematisch-wissenschaftlichen Ansatz, sondern sollte vielmehr künstlerisch angewendet werden. Adler selbst hat keine systematische Darstellung für einen Gesprächsverlauf, es gibt aber beobachtende Beschreibungen, die Auskunft darüber geben, wie eine Beratungssequenz auf die Teilnehmer gewirkt hat:

„Dann kommt das Kind herein, und der Psychologe spricht mit ihm. Er spricht mit ihm nicht über seine Fehler, sondern über seine Schwierigkeiten, die es hat. Er interessiert sich auch für die Meinungen und Urteile des Kindes, die es bisher an einer mutigen Entwicklung hinderten, für den Glauben des Kindes, dass es zurückgesetzt, dass andere Kinder ihm vorgezogen werden usw. Er macht dem Kind keine Vorwürfe, sondern unterhält sich freundlich mit ihm, um ihm neue Gesichtspunkte zu geben. Wenn er den tatsächlichen Fehler erwähnt, dann in Form einer Hypothese, zu der das Kind seine Meinung sagen soll. Für jemand, der diese Art von Arbeit nicht miterlebt hat, ist es erstaunlich, zu sehen, wie gut das Kind versteht und wie schnell es seine ganze Haltung ändern kann.“

Paul Rom, Alfred Adler und die wissenschaftliche Menschenkenntnis, Kramer & Co, Frankfurt 1966 S. 95

Coaching braucht Psychologie

Der Grundsatz Adlers

Alfred Adler legte Wert darauf, dass die Individualpsychologie ein „streng individualisierendes Vorgehen“ fordert und „deshalb Verallgemeinerungen nicht“ angezeigt seien (Alfred Adler, Heilen und Binden. 1914, S. 148). Dabei ist eine gute Verankerung in der individualpsychologischen Theorie unerlässlich. Dazu gehört, die Ausgangslage des Klienten zu erfassen, die überfordernde Situation als Auslöser zu erkennen und die privatlogischen Schlussfolgerungen und die in der Kindheit liegenden tendenziösen Apperzeption zu erkennen. Durch die Erzählung des Klienten sollte der Therapeut bzw. Coach das fiktive Lebensziel erkunden und herausarbeiten, wie die eigene Logik im Widerspruch zur Lebensrealität steht.

Adlers Frage

Adlers Ansatz basiert auf einer Frage, die er jedem Klienten stellt, und von deren Antwort die Klärung der jeweiligen Problematik abhängt. Die Frage lautet: „Was würden Sie tun, wenn Sie bei mir Ihre Heilung erlangten?“4 Eine andere Formulierung klingt so: „Was wäre anders, wenn Sie dieses Symptom bzw. Problem nicht hätten?“ Letztere ähnelt dem, was Steve de Shazer in den 1980er Jahren als „Wunderfrage“ bekannt machte. Adlers Ansatz ging allerdings weiter, weil er die Hintergründe und Zusammenhänge erfahren wollte, die unerlässlich sind, um durch die Problemschilderung zu einer Lösung zu kommen. Um menschliches Handeln besser zu verstehen, ist die lösungs- und ressourcenorientierte Fragestellung „Was wäre anders, wenn …?“ unbedingt mit einzubeziehen.

Der Grundsatz Adlers

Alfred Adler legte Wert darauf, dass die Individualpsychologie ein „streng individualisierendes Vorgehen“ fordert und „deshalb Verallgemeinerungen nicht“ angezeigt seien (Alfred Adler, Heilen und Binden. 1914, S. 148). Dabei ist eine gute Verankerung in der individualpsychologischen Theorie unerlässlich. Dazu gehört, die Ausgangslage des Klienten zu erfassen, die überfordernde Situation als Auslöser zu erkennen und die privatlogischen Schlussfolgerungen und die in der Kindheit liegenden tendenziösen Apperzeption zu erkennen. Durch die Erzählung des Klienten sollte der Therapeut bzw. Coach das fiktive Lebensziel erkunden und herausarbeiten, wie die eigene Logik im Widerspruch zur Lebensrealität steht.

Adlers Technik von der Fähigkeit des „Erratens“

Alfred Adler besass eine Fähigkeit, die man nicht erlernen kann, sondern in sich tragen muss. Er konnte ohne persönliche Kenntnis und mit nur wenigen Angaben die Leitlinie einer Krankengeschichte durchschauen. Häufig brauchte Adler gar keine Fragen zu stellen, er beobachtete das Verhalten seines Gegenüber und zog daraus Schlüsse. Da er eine ausgezeichnete Menschenkenntnis und eine ausgeprägte Intuition besass, konnte Adler schon mit genauen Beobachtungen zu Erkenntnissen gelangen, für die andere deutlich mehr Aufwand betreiben mussten. Der Blick in die Kindheitssituation war dabei ein wichtiger Pfeiler der weiteren Arbeit.

Nun muss allerdings betont werden, dass Adler nicht einfach so seine Arbeit mit dem „Erraten“ von Zusammenhängen verbrachte. Er wurde vielmehr von seiner Intuition geleitet und folgte seiner ganzheitlichen Betrachtungsweise. Er erklärte das so: „Wenn wir fragen, unter welchen Bedingungen hat dies vorliegende Leiden einen Sinn, eine Berechtigung, so erhalten wir bis zu einem gewissen Grade einen Einblick“ (Giesela Eife (Hrsg.) Persönlichkeitstheorie, Psychopathologie, Psychotherapie, Vandenhoeck & Ruprecht; Auflage: 1. Aufl., Göttingen 2010, S. 284).

Anhand dieses Zitats wird deutlich, dass das fokussierte Zuhören und das Einfühlen für Adler von herausragender Bedeutung waren. Sein Anspruch war, „mit den Augen eines Anderen zu sehen, mit den Ohren eines Anderen zu hören, mit dem Herzen eines Anderen zu fühlen“ (ebd, S. 315).

Das „Enträtseln und Durchschauen“ folgte bei Adler einem bestimmten Grundprinzip, das er so zusammenfasste: „Wir finden bald den richtigen Zusammenhang [des Lebensstils], wenn wir uns selbst die Frage vorlegen: Unter welchen Umständen wäre auch ich ein lügenhaftes Kind? Wenn ich zum Beispiel einer Sache gegenüberstehe, die sehr bedrohlich aussieht, der ich mich nicht gewachsen fühle, werde ich unter Umständen auch genötigt sein, zu der Sicherung der Lüge zu greifen“ (ebd., S. 32).

Für Therapeuten, Coaches und psychosoziale Berater gilt gleichermassen, dass das einfühlende Aufbereiten von Zusammenhängen zu den Hauptaufgaben ihrer Arbeit gehört. „Heilen“, so Adler, „kann ich Sie nur mit der Wahrheit, bis zu der ich selbst vorgedrungen bin“ (ebd. S.32). Und im Jahre 1930 schrieb er: „Wir halten einen Fall erst dann für geklärt und getrauen uns von Heilung zu sprechen, wenn wir verstehen können, warum der Patient diese und gerade diese Form des fehlerhaften Agierens gewählt hat. Noch mehr: Wenn wir uns eingestehen, dass unter den gleichen Verhältnissen wir zu der gleichen neurotischen Lebensform gekommen wären“ (ebd, S. 32). Hiermit wird nicht nur ein wichtiges Mass an Empathie zum Ausdruck gebracht, sondern darüber hinaus an die Selbstverantwortung des Klienten appelliert, um seine Lebensaufgaben zu bewältigen.

Adlers Formulierungen

Im Zusammenhang mit der „Gabe“ oder mit dem „Erraten“ erkannte Adler das, was „wir Identifikation, Einfühlung nennen“ (Alfred Adler, Menschenkenntnis, 1928. Hirzel Verlag). Bis heute sind seine Formulierungen äusserst treffend und lassen deutlich erkennen, was ihm wichtig war im Umgang mit dem Menschen. Im Laufe der Zeit sind zahlreiche Beschreibungen und Begriffe hinzugekommen, was eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wenn man bedenkt, dass inzwischen mehr als 100 Jahre vergangen sind. Aber Ausgangspunkt für wichtige Beiträge etwa von Virginia Satir, Klaus Grawe oder Paul Watzlawick war vielfach der Wortschatz Alfred Adlers.

Adler ging auch mit anderen Fachleuten hart ins Gericht, was an folgendem Zitat deutlich wird: „Nicht selten bringt ein unerfahrener Arzt dem Patienten die Theorien der Individualpsychologie nahe, indem er ihm erklärt: ‚Ihnen fehlt der soziale Mut, Sie interessieren sich nicht für andere. Sie fühlen sich minderwertig‘, und so weiter, was mehr als nutzlos ist. Eine echte Erklärung muss so klar sein, dass der Patient darin sofort seine eigene Erfahrung erkennt und fühlt.“ (ebd., S. 345).

Zusammenfassend könnte man sagen, dass der Sinn einer Behandlung der Erfolg des zu Beratenden sein muss. Oft scheint es aber umgekehrt zu sein, der Berater will sich nach der Behandlung besser fühlen. Ziel muss immer sein, dem Patienten beispielsweise Irrtümer aufzuzeigen und ihm dabei die Gelegenheit zu verschaffen, die Wahrheit selbst lebendig zu machen.

Adlers Ressourcenorientierung

Im Jahr 1923 widmete Adler seine Aufmerksamkeit mehr und mehr den Aspekten der Entmutigung und der Ermutigung. Adler schrieb, dass „nicht die Krankheit rezidiviert, sondern die Entmutigung“ (ebd., S.30).

Für Adler waren „die Ursachen der Entmutigung“ im Kern „immer irrtümlich.“ Und er holte mit dieser Einschätzung weit aus, denn er begrenzte sie nicht auf Erzieher, sondern stellte fest, dass „die ganze Menschheit zur Entmutigung neigt“ (ebd. S. 30).

Es war im Besonderen die bei Adler zunehmende Sensibilität für das Problem der Entmutigung, die sich auf seine weitere Arbeit als Therapeut auswirkte. Er kam zum Schluss, dass er seine Patienten „erst ermutigen“ musste, bevor er sie „ins Leben hinausschickte“ (ebd. S. 213).

Adler legte Wert darauf, sich von der pädagogisch üblichen Teil-Ermutigung zu lösen und stattdessen eine Methode zu entwickeln, die „unabhängig und selbständig macht, weil sie die wirksamen Ursachen der Entmutigung behebt“ (ebd. S. 204). Damit unterschied sich Adler von anderen, gängigen Methoden, denn er legte seinen Blick auf den Gesamtzusammenhang des Lebensstils seiner Patienten. Nur so, so Adler, könne der Patient ein zunehmendes Verständnis für sich selbst entwickeln. 1926 ging Adler so weit, seinen Ansatz als die „Methode der uneingeschränkten Ermutigung“ (ebd, S. 276) zu bezeichnen.

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