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Vergebung: Ein wichtiger Weg zu persönlicher Freiheit

Menschen sind auf gleichwertige Beziehungen und gemeinsame Aktivitäten angewiesen. Ohne Beziehungen ist ein Mensch nicht überlebensfähig. Um Beziehungen und Freundschaften aufbauen und leben zu können, bedarf es, dass wir uns schrittweise öffnen und so Nähe zu unseren Mitmenschen ermöglichen. Dieses Öffnen birgt Chancen, wie auch Gefahren in sich. Zum Beispiel, sich gegenseitig zu verletzen. 

Verletzungen können von den Betroffenen unterschiedlich empfunden werden. Im schlimmsten Fall und wenn man zu lange nichts dagegen tut, können sie zu Ärger und Wut, zu aggressivem Verhalten, sowie zu körperlichen bzw. psychischen Beschwerden führen.

In unserem nachfolgenden Fachartikel konzentrieren wir uns auf zwischenmenschliche Ereignisse, die mit der Hilfe von Fachkräften wie Psychologen oder Coaches begleitet werden und zu wichtigen Lebenserfahrungen führen können. 

Ereignisse mit schweren körperlichen und psychischen Verletzungen sprengen den thematischen Rahmen dieses Artikels. Auf diese Form gehen wir hier darum nicht ein und verweisen auf entsprechende Fachstellen.

Der Einfluss von Verletzungen auf unser Denken und Handeln

Manchmal nehmen wir gewisse Belastungen mit in den Alltag und vergessen oder verdrängen, welch enormen Einfluss Verletzungen auf unsere beruflichen wie privaten Herausforderungen haben. Als «belastete» Personen können wir nicht die gleiche Leistung erbringen und tragen gleichzeitig eine Brille, die unsere Sichtweise beeinflusst. Darum ist es auch im Coaching sehr wichtig, Themen wie Verletzungen, Versöhnung und Vergebung anzusprechen und zu klären.

Eine wesentliche Rolle bei der Vergebung spielen Trauerarbeit sowie Empathie für die Person in Täterposition. Reinhard Tausch, einer der bedeutendsten deutschen Psychologen, zeigte 1993 auf, dass Vergeben positive seelische Auswirkungen auf die verletzte Person als auch auf den «Täter» hat. (Quelle: Wikipedia)

Vergeben und Verzeihen – was ist der Unterschied

Im Grunde genommen bedeuten sowohl «Vergeben» wie «Verzeihen», dem anderen nicht mehr böse zu sein, obwohl er vielleicht etwas getan hat, was einen verletzt hat. Der oder die Verletzte besteht nicht auf Wiedergutmachung. Wenn wir die ursprüngliche Bedeutung beider Begriffe näher betrachten, erkennen wir die Unterschiede.

  • Verzeihen stammt von dem alten Verb «zeihen» ab. Dies bedeutet auf einen Schuldigen «zeigen», also eine Person an- oder beschuldigen. Verzeihen meint genau das Gegenteil: Eine Bezichtigung oder Anklage wird zurückgezogen.
  • In dem Wort Vergeben steckt das Wort «Geben». Im Prozess des Vergebens wird der schuldigen Person die Schuld erlassen. Es wird ihr also etwas «gegeben». Vergebung geht darum viel tiefer als Verzeihung. Einfach gesagt erfolgt ein Freispruch. (Quelle: herbstlust.de)

Nicht nur in religiös geprägten Kreisen wird Vergebung als wesentlicher Bestandteil der Fähigkeit zum Zusammenleben mit anderen Menschen gesehen, auch feiert die Vergebung in der positiven Psychologie ein Comeback.

Verbitterung stoppen

Frederic Luskin, Direktor der Stanford University, hat im Rahmen eines Forschungsprojekts ein psychologisches Training entwickelt. Verletzte und verbitterte Menschen lernen darin, ihren Tätern zu verzeihen.

Vergebung kann ein lang anhaltender Prozess sein.

Es geht nicht darum, verletzende Erfahrungen aus dem Gedächtnis zu löschen oder zu verdrängen, sondern die zerstörerische Wirkung der Verbitterung zu stoppen. Luskin setzt darum auf die Kraft der Vergebung. Seine Ergebnisse des Forschungsprojektes:

Verzeihen:

  • senkt den Blutdruck und das Stresshormon Kortisol im Blut;
  • wirkt gegen Depressionen und chronische Schmerzen;
  • kann dabei unterstützen, angefutterte Pfunde loszuwerden;
  • hilft gegen Kopfschmerzen, Schlafstörungen, Schwindel und weitere psychosomatische Beschwerden.

Am Schmerz festzuhalten, führt auf der seelischen Seite zu Enttäuschung, Hassgefühlen und/oder Einsamkeit. Die Folge: Man zieht sich zurück und versucht schon gar nicht, die Verletzungen möglichst schnell zu klären.

Der Psychologie-Professor an der Concordia Universität in Kanada, Carsten Wrosch, empfiehlt, loszulassen und mit der Vergangenheit abzuschliessen. Das sei eine wichtige Fähigkeit zur Selbstkontrolle und Selbstregulierung, die sich trainieren lässt – und im Leben vieles leichter macht.

Das Ver-rückte ist ja: Wenn ich jemandem etwas nachtrage, bestrafe ich damit mich selbst.

Einem anderen eine Schuld und damit eine Last sinnlos hinterher zu tragen, belastet alle Beziehungen. Besser ist es, aus diesem selbstschädigenden Verhalten auszusteigen. Wichtig: Verletzungen brauchen manchmal viel Zeit. Jeder Schritt in Richtung Verzeihen, Vergeben und Versöhnen ist deshalb wichtig und richtig!

Tipps, die helfen, besser vergeben zu können

1. Das Geschehene so sachlich wie möglich betrachten  

Wir dürfen uns wichtig nehmen. Das ist richtig. Doch manchmal drehen wir uns nur noch um uns selbst. Es ist unsere eigene Sicht, die über Recht und Unrecht entscheidet und die ist sehr oft von Emotionen oder gar vergangenen Verletzungen in anderen Beziehungen geprägt, die nie geklärt wurden. Versuchen Sie darum, dem Ganzen die Emotionen zu nehmen und es einmal nur sachlich zu betrachten:

  • Wurde etwas gedankenlos dahergesagt und war womöglich nicht so gemeint? Der bekannte deutsche Reformator Martin Luther riet: «Kümmere dich nicht um ungelegte Eier.» Wenn wir etwas nicht schwarz auf weiss haben, lohnt es sich vielleicht gar nicht, dem überhaupt nachzugehen.
  • Wenn Sie die Beziehung zum «Täter» genauer betrachten, passt dieses Handeln zu der Person oder könnte es auch bei anderen Personen vorkommen?

2. Den Vergebungsprozess bewusst anstossen

Es gibt viele Gründe, warum Vergebung besser ist als Hadern. Darum bewusst dranbleiben. Was können Sie aus der misslichen Situation lernen? Nehmen Sie sich dafür Zeit und halten Sie sich die Vorteile vor Augen.

3. Perspektivenwechsel wagen

  • Gab es vielleicht aus ihrer Perspektive oder aus derjenigen des Täters gute Gründe für das Handeln?
  • Fehlten bestimmte Hintergrundinformationen, sodass die Betroffenen in dem Moment gar nicht anders handeln konnten?
  • Wurde vorsätzlich gehandelt oder war es vielleicht ein Versehen?
  • Haben wir uns gegenseitig unklar ausgedrückt?

4. Loslassen ist Gold wert

Manchmal scheint es, als ob manche Menschen einen Feind bräuchten. Aus der Individualpsychologie wissen wir, dass Vergleiche oder Kampf um Sieg und Niederlage nichts Gutes hervorbringen.

Viel besser ist es, sich zu fragen, was ich mit meinem Leben erreichen will und was ich aus der Situation, in der ich verletzt wurde, lernen kann. Das kann ein Gefühl der Befreiung auslösen. Wenn Sie diesen Prozess durchlaufen haben, können Sie fortschreiten.

Vergeben und Verzeihen ist keineswegs ein Zeichen von Schwäche. Es bedeutet auch nicht, dass eine Sache dadurch als ungeschehen betrachtet oder gebilligt wird. Aber Sie selbst können einen Abschluss wagen und setzen damit neue Kräfte für Ihren persönlichen Weg frei.

Was Vergebung nicht ist

Vergebung kann von niemandem eingefordert werden. Sie erfolgt aus freier Entscheidung der verletzten Person. Die Bitte eines Täters um Vergebung fördert den ganzen Prozess.

Vergebung bedeutet nicht billige Gnade oder Verdrängung von Tatsachen, die erfolgt sind. Vergebung ja, vergessen eher nicht. Aber einen anderen, distanzierten Umgang damit zu finden, ist sehr empfehlenswert. Gelingt dies nicht, bleibt die Belastung bestehen.

Versöhnung als Ziel der Gesellschaft

Vergeben und Verzeihen sind nicht gleich Versöhnung. Diese ist die Krönung einer neu geschaffenen Beziehungssituation. Versöhnung bedeutet, dass alle Parteien unbelastet die bisherige Beziehung (vor der Verletzung) fortsetzen wollen. Es ist auch möglich, eine Beziehung zu beenden. Insbesondere, wenn es zu keiner Versöhnung kommen kann. Eine Versöhnung ist nur dann sinnvoll, wenn der Täter Reue zeigt und Wiedergutmachung leistet.

«Versöhnung erfordert, dass die Parteien ihr Vertrauen zueinander erneuern.»

Verzeihen und Vergeben lohnt sich für alle. Man kann mit einer Sache abschliessen, die nicht mehr veränderbar ist, (alte) Wunden können heilen und man gelangt zu innerem Frieden.

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