mann auf schreibtisch

Ratgeber zum Thema Stress: Der eine dreht durch, der andere fährt runter

Wussten Sie, dass das am häufigsten gebrauchte Wort in der Werbung „neu“ lautet? Und wussten Sie, dass die Bekundung, man sei im Stress, auch Werbung sein kann? Werbung für sich selbst, um anderen zu signalisieren, dass man immer viel zu tun hat und daher wichtig sein muss. Doch diese kokettierende Form des Stresses soll hier nicht das Thema sein. Es geht um die ernsthafte Variante. Und die schauen wir uns jetzt in aller Ruhe (und ganz ohne Stress) einmal an.

Was ist Stress?

Stress ist ein Zustand der Anspannung, des Drucks und innerer Unruhe. Erzeugt werden die entsprechenden Symptome zum einen durch äussere Reize (man spricht hier von Stressoren). Sie sind die psychischen und physischen Reaktionen auf Anforderungen verschiedener Art. Und sie sind zum anderen die Folge von körperlicher oder geistiger Belastung.

Die Symptome von Stress

Wenngleich sich die Symptome häufig ähneln, lässt das keinerlei Rückschlüsse auf den individuellen Grund für die Stresssituation zu. Aber immerhin darauf, dass man überhaupt mit Stress zu tun hat. Folgende Symptome treten häufig auf:

  • Reizbarkeit
  • Unruhe
  • psychosomatische Erkrankungen
  • leichtere Krankheitsanfälligkeit
  • sozialer Rückzug

Das sind nur einige Symptome, und sie lassen sich teilweise auch bei Beschwerden wie Depressionen oder Burnout finden. Daher ist eine genauere Analyse nötig, um den Stress als ursprünglichen Faktor ausfindig zu machen. Faktisch aber steht Stress als Situation der Überforderung mit vielen Beschwerden im Zusammenhang, er ist gewissermassen das „Dach“ über anderen diagnostizierten Beschwerden.

Welche Stressoren spielen im Berufsleben eine Rolle?

Stress ist nicht nur ein Problem des Individuums. Auch für Unternehmen kann sich Stress bei den Mitarbeitern negativ auf das Ergebnis oder die Produktivität auswirken. Die Tatsache, dass viele Unternehmen trotzdem nicht angemessen auf die entsprechenden Symptome reagieren, ist eigentlich nicht nachvollziehbar. Schliesslich sind sie offenkundig und daher leicht zu erkennen.

Meist beginnt es mit der Konzentrationsfähigkeit bzw. der Leistungsfähigkeit. Ist ein Mensch gestresst, kann er beides nur eingeschränkt entwickeln. Gefolgt werden die Einschränkungen durch emotionale Erschöpfung, die ihrerseits in sozialem Rückzug oder Zynismus münden kann.

Verbunden mit Stress sind auch Absentismus und Präsentismus. Mit Absentismus ist die Abwesenheit vom Arbeitsplatz gemeint. Allerdings mit konkretem problematischem Hintergrund. Dieser kann etwa in offenen (oder nicht offenen) Konflikten mit Kollegen zu finden sein, oder mit Mobbing oder Arbeitsüberlastung erklärt werden. Der Betroffene spricht nonverbal die innere Kündigung aus.

Präsentismus ist das genaue Gegenteil zum Absentismus und meint die Anwesenheit am Arbeitsplatz. Damit ist jedoch nicht die übliche Anwesenheit gemeint, die sich aus dem Arbeitsvertrag ergibt. Sondern die, die aus einem inneren Zwang erfolgt. Auch hier können Mobbing und andere der eben beschriebenen Gründe eine Rolle spielen („Wenn ich vor Ort bin, ist es für die anderen schwerer, mich zu mobben, weil ich mich wehren kann.“). Oft ist es aber auch die gesteigerte Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes, die zu Präsentismus führt.

Stress im Job? 5 Faktoren!

Zunächst einmal: Stress kann in jedem Unternehmen zum Problem werden. Es ist schon der Struktur der Arbeit geschuldet, dass Stress entstehen kann. Zeitdruck, finanzielle Belastungen und Unsicherheit über den Bestand des Arbeitsplatzes sind nur einige Gründe, die zu Stress führen können. Hier muss sozusagen „am grossen Rad gedreht“ werden, um die genannten Stressfaktoren zu minimieren. Und nicht immer ist das möglich oder nötig, solange man mit dem Stress konstruktiv umgeht.

Doch es sind auch die Teams und die Organisation der Arbeit, die Stress bedingen können. Nicht selten kommt Stress vor, weil es ein menschliches Problem gibt, aber auch die Arbeitsbedingungen können stressauslösend sein:

  • Führungslosigkeit
  • unlogische und/oder komplizierte Abläufe der Arbeitsorganisation
  • Vorgesetzte ohne ausreichende Qualifikation
  • schlechte oder fehlende Kommunikation über die Unternehmensziele
  • Ignorieren von beruflichen und persönlichen Stärken in Kombination miteinander

Übrigens: Führungslosigkeit ist einer der Hauptgründe für die Entstehung von Stress.

Nicht immer entsteht Stress im Unternehmen

Es wäre natürlich zu einfach, Stress lediglich auf die Umstände am Arbeitsplatz zu reduzieren. Das merkt man schon daran, dass viele Emotionen aus dem Arbeitsleben sich auch im privaten Bereich auswirken. Wer kann schon entspannt zu Hause sein, wenn er fürchten muss, seinen Arbeitsplatz zu verlieren oder dass das Unternehmen aus Kostengründen einfach mal den Standort wechselt und das heimische Werk dichtmacht? Was die Corona-Krise wirtschaftlich angerichtet hat, kann (noch) nicht beziffert werden. Wie kann ein Unternehmen die Schäden dieser Krise minimieren? Und

Stress bereiten auch andere Dinge. Die politische und wirtschaftliche Weltlage ist alles andere als beruhigend. Terroranschläge, Umweltkatastrophen und wirtschaftliche Ungleichheiten fördern Stress aktiv, davon kann sich kaum jemand befreien. Das wiederum schafft Unsicherheit und Ängste, auf die wir unterschiedlich reagieren. Was aber als Tendenz festzustellen ist, ist eine Zunahme an Aggressionen insgesamt.

Fehlt noch der „Hort der Glückseligkeit“, das private Umfeld, die Familie. Man sollte meinen, dass hier Platz ist für Entspannung, Ausgleich und eine friedliche und angenehme Atmosphäre. Doch die Realität sieht oft anders aus, und das liegt nicht zuletzt auch an den Stressfaktoren, die bereits genannt wurden. Entsprechend hoch sind die Scheidungsraten. Diese werden auch bedingt durch Schulproblemen bei Kindern, Streitereien in der Familie, Belastungen durch Gerichtsverfahren oder finanzielle Probleme. Nach dem Lockdown in der Schweiz sind viele Unternehmen vor der Frage die Mitarbeitenden weiter beschäftigen können. Kurzarbeit ist nur eine temporäre Lösung. Jeder vierte Schweizer Erwerbstätige leidet unter Stress – was sagt das aus?

Die Gesundheitsförderung Schweiz ermittelt bereits seit 2014 den sogenannten Job-Stress-Index. Gemäss der Definition des Jahres 2016 leidet in der Schweiz jeder vierte Erwerbstätige unter Stress. Das ist ein erschreckender Wert, doch ein Blick hinter die Zahl lohnt sich.

Denn es wäre zu einfach (und nicht zielführend), Stress bei Berufstätigen ausschliesslich durch den Beruf zu erklären. Denn hinzu kommen immer innere Faktoren, die zu Stress führen, ohne mit der beruflichen Tätigkeit direkt in Verbindung zu stehen:

  • Menschen wenden viel Kraft auf, um locker zu wirken und jeder Situation gewachsen zu sein.
  • Menschen stehen unter dem Druck, um jeden Preis Fehler (und seien sie noch so klein) vermeiden zu wollen.
  • Menschen haben so hohe Erwartungen an sich selbst, dass sie daran zu zerbrechen drohen.

Diese Faktoren können im Berufsleben entstehen, sie können aber auch dort nur auftreten und ihren Ursprung woanders haben.

So oder so: Die Folge sind diffuse Ängste, Ohnmachtsgefühle, defizitäres Empfinden des Ichs und Kontrollverlust in vielen Lebensbereichen. Es ist wie eine innere Stimme, die den Stress noch verstärkt und so das Problem noch grösser werden lässt. Von eben dieser inneren Stimme ist es nur ein kleiner Schritt zu destruktiven Selbstgesprächen. Womit wir bei Lösungsansätzen für Stress angekommen sind.

Grafik gestresste Frau am Schreibtisch

Von innerer Selbstsabotage und Hilfe dagegen

Häufig fördert Stress weiteren Stress. In den eben genannten Selbstgesprächen bzw. durch innere Stimmen wird die Problematik noch verstärkt, statt sie zu lösen. Dadurch schwächt man sich zusätzlich, beraubt sich der nötigen Energie zum Abbau von Stress und gerät unter noch grösseren Druck.

Auf der Suche nach Lösungen werden schnell Schuldige gefunden, die für die Situation verantwortlich gemacht werden. So wird der Fokus nach aussen gelenkt, vermeintliche Strategien richten sich nicht nach innen, sondern aussen. Da jedoch die Gründe im Selbst weder erkannt noch benannt werden, wächst der Stress weiter an.

Durch die inneren Selbstgespräche wird der Betroffene in eine bestimmte Spur gelenkt bzw. führt sich selbst dorthin. Er fühlt sich in einer Minus-Situation, aus der er um jeden Preis herauskommen will, um eine Plus-Situation herzustellen. Ohne tatsächlich genug davon zu haben, wird jede Menge Energie in die Wiederherstellung des Selbstwertgefühls investiert. Die Möglichkeiten des eigenen Handelns sind eingeschränkt, in der Konsequenz legt sich der Betroffene Entschuldigungen zurecht, die jedoch den Kern des Problems nicht lösen können.

Was genau bedeutet Selbstsabotage?

Die Ursprünge von Selbstsabotage liegen – wie so vieles, das uns prägt – in der Kindheit. Ein einfaches Beispiel verdeutlicht das:

Früher, in der Schule, gab es immer wieder Situationen, da mussten Mannschaften zusammengestellt bzw. gewählt werden. Naturgemäss blieben dabei immer Kinder übrig, die erst am Ende des Wahlvorgangs eine Mannschaft fanden. Die betroffenen Kinder fühlten sich defizitär, zu nichts nutze, und selbst wenn sie am Schluss in eine Mannschaft gewählt wurden, empfanden sie das als Niederlage. Weil sie der Meinung waren, nur genommen worden zu sein, weil sonst niemand mehr da war.

Nun kann schon aus logischen Erwägungen nicht jedes Kind das sein, das zuletzt gewählt wird. Dennoch haben die meisten von uns vergleichbare Erfahrungen gemacht, wenn auch nicht beim Mannschaftssport. Diese Erfahrungen setzen sich in unseren Köpfen fest, werden abgespeichert, auch wenn wir das gar nicht wollen.

In Situationen der Gegenwart werden wir oft an solche aus der Vergangenheit erinnert, wir durchleben erneut das Gefühl, Defizite zu haben, nicht be- oder geliebt zu sein und mit unseren Fähigkeiten nicht den Ansprüchen zu genügen, die an uns gestellt werden.

Doch diese Form der Selbstsabotage kann auch sehr bequem sein und als Ausrede dienen. Und wieder befinden wir uns in inneren Selbstgesprächen, die uns effektiv darauf hinweisen, dass wir es mit einer Situation zu tun haben, die wir von früher kennen. Die Reaktion darauf lautet dann nicht selten: „Tja, dann ist das eben so, kann ich nicht ändern.“

Da defizitäre Erinnerungen meist stärker sind als das positive Zurückdenken an angenehme Situationen, richten wir uns im Defizit ein und erklären, dass wir nichts für die missliche Lage können. So kann etwa ein Fahrschüler, der bereits das zweite Mal durch die Prüfung fällt, argumentieren, dass er immer schon Angst vor Prüfungen hatte und das Ergebnis daher schlüssig ist. Besteht er dagegen die Prüfung, kann er sich als noch leistungsfähiger betrachten, als dies eigentlich möglich war. Schliesslich musste er nicht nur die Prüfung bestehen, sondern auch noch seine Prüfungsangst überwinden.

Es liegt nahe, dass Selbstsabotage Stress auslöst, und zwar nicht nur situativ, sondern grundsätzlicher Natur. Eine Möglichkeit, damit umzugehen, ist das aktive Beschäftigen mit den Ausreden, die man sich im Laufe der Zeit zurechtgelegt hat. Selbst der Fahrschüler, der die Prüfung trotz Prüfungsangst besteht, sieht sich als ein defizitäres Wesen, das womöglich Höchstleistungen erbracht hat (was für ein Stress!) oder einfach nur Glück hatte (was für ein Trauerspiel!).

Wenn hier von Ausreden die Rede ist, ist damit nicht gemeint, dass Erinnerungen an die Kindheit eine solche Ausrede wären. Sie sind sehr real und nicht einfach „wegzuwischen“. Aber wir können versuchen, aus den Erfahrungen zu lernen und vergleichbare Situationen mit mehr Mut und Zuversicht anzugehen. Statt „Es ist, wie es ist“, kann der Ansatz „Es ist, wie ich es gestalte“ dabei hilfreich sein.

Und das Zulassen von etwas, das heute nur schwer zu „verkaufen“ ist: Unvollkommenheit.

Unvollkommenheit als Ziel

In unserer Gesellschaft ist das Streben nach Perfektion ebenso angesehen wie eine möglichst geringe Fehlerquote. Das gilt für das berufliche wie das private Leben und schafft zusätzlichen Druck, der in Stress mündet. Unvollkommenheit ist gesellschaftlich eher nicht akzeptiert. Allein ein Blick auf die Werbebranche verdeutlicht das eindrucksvoll und erschreckend gleichermassen.

Doch es gibt sogar in dieser Branche des Perfektionismus hin und wieder Tendenzen, aus diesem Rahmen auszubrechen. Werbung mit unvollkommenen Modells oder die Zielgruppenansprache von Konsumenten, die früher keine Rolle spielten, sind immer wieder (wenn auch im Verhältnis sehr selten) anzutreffen. Ein wenig Unvollkommenheit wird also sogar in der Welt der Perfektionisten inzwischen zugelassen.

Es war Sofie Lazarsfeld, eine Wegbegleiterin Alfred Adlers, die im Zusammenhang mit Adlers Individualpsychologie den „Mut zur Unvollkommenheit“ prägte. Es ergibt sich aus dem individualpsychologischen Kontext heraus, dem Menschen gegenüber eine grundsätzlich positive Haltung entgegenzubringen. Fehler zu machen oder als Mensch fehlerhaft zu sein, ist in der Individualpsychologie nach Adler sogar etwas, das gefördert werden sollte. Es kommt also nicht darauf an, Fehler zu vermeiden, sondern aus ihnen zu lernen.

Michael Titze brachte es hervorragend auf den Punkt, als er empfahl, lediglich eine Charaktereigenschaft zu perfektionieren: den Mut zur Unvollkommenheit. Aus dieser individualpsychologischen Sichtweise heraus ergibt sich mehr Gelassenheit im Leben, was naturgemäss Druck und Stress gleichermassen verringert. Ein Schüler Adlers, Viktor Frankl, brachte sogar die Notwendigkeit von Unvollkommenheit auf den Punkt, als er anmerkte, dass wir alle gleich und ersetzbar wären, wenn wir vollkommen wären. Aus der Unvollkommenheit folgt also Unaustauschbarkeit und Unentbehrlichkeit (Viktor Frankl, Ärztliche Seelsorge, S. 113).

Ein Hinweis zum Schluss sollte helfen, der Stress-Falle zu entgehen. Es scheint kaum Bedeutung zu haben, wirkt sich aber erheblich auf das eigene Wohlbefinden aus: Lachen. Genauer: über sich selbst lachen. Wenn wir (vermeintlich unverzeihliche) Fehler begehen, fürchten wir häufig in einem Ausmass die Konsequenzen, das unseren Stresslevel spürbar erhöht. Doch die wenigsten Fehler sind tatsächlich unverzeihlich, und wenn wir uns an Situationen erinnern, in denen – wider Erwarten – die Welt aufgrund eines Fehlers von uns eben nicht aus den Angeln fiel, können wir leichter mit ihnen umgehen. Wenn wir auch noch darüber lachen können, hat ernster Stress keine Chance.

Man könnte also sagen: Das Leben besteht aus Unvollkommenheit. Und das ist vollkommen in Ordnung.

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